Der Magen-Darm-Trakt eines Pferdes ist komplex und reagiert extrem auf Veränderungen. Um die Funktion, und davon abgeleitet die ideale Fütterung, zu verstehen lohnt sich ein genauerer Blick auf die Vorgänge im Verdauungsapparat.
Der Verdauungsapparat von Pferden ist eine komplexe Struktur, die eine effiziente Zerkleinerung, Aufnahme und Verwertung von Nahrung ermöglicht. In diesem Artikel werden wir den Aufbau und die Funktion jedes Teils des Verdauungssystems von Pferden ausführlich betrachten. Der Verdauungsapparat beginnt bereits im Maul, durch einspeicheln und zerkleinern der Nahrung, führt über die Speiseröhre in dem Magen, durch den Dünndarm und abschließend den Dickdarm. Jeder einzelne Abschnitt wird wesentlich von der aufgenommenen Futtermenge und Futterart bestimmt. Es herrschen unterschiedliche pH-Werte, die die Arbeit der Bakterien und Enzyme maßgeblich bestimmen.
Maulhöhle und Zähne - hier beginnt die Verdauung
Die Verdauung beginnt im Maul, wo die Nahrung durch Kauen zerkleinert wird. Hier spielen das Maul, Zähne und Kiefer und das Einspeicheln eine entscheidende Rolle:
- Tasthaare , Lippen und Zunge: Hier wird das Futter selektiert, aufgenommen und mit der Zunge weiterbefördert
- Zähne und Kiefer: Pferde haben verschiedene Zahnarten, die zum Rupfen, kauen und vermahlen der Nahrung notwendig sind
- Einspeicheln: Während der Nahrungsaufnahme und dem Zerkauen der aufgenommenen Nahrung, wird das Futter eingeweicht und quellt auf. Der pH-Wert des Speichels beträgt etwa 7,5. Somit herrscht hier ein basisches Milieu, welches der Magensäure entgegen wirkt. Schleimstoffe im Speichel erhöhen dazu die Gleitfähigkeit für den weiteren Weg im Verdauungsapparat
Speiseröhre - der Weg vom Pferdemaul in den Magen
Die Speiseröhre transportiert die zerkleinerte Nahrung vom Maul zum Magen. Sie besteht aus muskulösem Gewebe, das eine peristaltische Bewegung ausführt, um die Nahrung voranzutreiben.
Magen
Fakten: Der Pferdemagen ist mit 15 Liter Fassungsvermögen im Verhältnis zur Körpergröße eines Pferdes sehr klein - große Futtermengen zur selben Zeit können somit nicht aufgenommen werden. Im Vergleich zum Magen eines Menschen, kann sich der Pferdemagen kaum ausdehnen. Der Magen eines Pferdes ist auf die kontinuierliche Aufnahme kleiner Mahlzeiten über den Tag verteilt ausgelegt. In natürlicher Umgebung sind Pferde nahezu rund um die Uhr mit Nahrungsaufnahme beschäftigt, sodass der Magen auf die Produktion von großen Mengen Magensäure (bis zu 35 Liter pro Tag) ausgerichtet ist.
Der Magen von Pferden besteht aus drei Abschnitten, darunter der Blindsack, der Fundusteil und der Magenausgang.
- Blindsack: In diesem drüsenlosen Abschnitts des Magens findet die erste mikrobielle Verdauung von Zucker, Stärke und z.T. Eiweißen statt.
- Fundusteil: In diesem drüsenhaltigen Teil des Magens wird Magensäure produziert und der pH-Wert sinkt auf unter 5.
- Magenausgang: Hier mündet der Magen in den Dünndarm. Das Enzym Pepsin und weitere Magensäure sorgen dafür, dass die Verdauung der aufgenommen Eiweiße beginnt. Der pH-Wert sinkt hier auf 3,0 - 1.
Dünndarm - der längste Teil des Verdauungstrakts
Fakten: Der Dünndarm ist mit 19 - 30 Metern Länge der längste Abschnitt des Verdauungsapparats eines Pferdes. Die Nahrung passiert ihn binnen 1,5 Stunden. Die Oberfläche des Dünndarms ist mit zahlreichen Drüsen und Darmzotten ausgekleidet, die die Oberfläche vergrößern und die Nährstoffaufnahme maximieren.
Der Dünndarm übernimmt einige wichtige Funktionen im Verdauungsapparat des Pferdes:
- Enzymatische Verdauung von Nahrung: Enzyme im Dünndarm helfen Proteine, Fette und Kohlenhydrate abzubauen, damit sie vom Körper verwertet werden können
- Nährstoffaufnahme: Die Nährstoffaufnahme findet hauptsächlich im Dünndarm statt. Hier werden Proteine, Kohlenhydrate, Fette, wasserlösliche Vitamine und Mineralstoffe in den Blutkreislauf aufgenommen
- Wasser- und Elektrolytregulation: Im Dünndarm werden Wasser und Elektrolyte aus dem Darminhalt resorbiert
- Der Zwölffingerdarm ist der erste Abschnitt des Dünndarms. Die in der Leber produzierte Gallenflüssigkeit und das Bauchspeicheldrüsensekret neutralisieren u.a. den Verdauungsbrei und schaffen somit ein neutrales Darmmilieu beim Pferd. Dadurch wird den Verdauungsenzymen ihre Arbeit ermöglicht und die aufgenommenen Nahrungsbestandteile werden zu Aminosäuren, Glukose und ersten Fettsäuren abgebaut.
- Die Aufnahme der Nährstoffe beginnt zwar bereit im Zwölffingerdarm, allerdings findet die Hauptaufnahme der Nährstoffe über die Darmschleimhaut im zweiten und größten Abschnitt des Dünndarms, dem Leerdarm, statt.
- Der Krummdarm ist der letzte Abschnitt des Dünndarms. Hier landen schwer verdauliche Faserteile aus Heu und Stroh und werden in den Dickdarm weitergeleitet. Durch einen starken Schließmuskel wird der Rückfluss des bakterienreichen Dickdarminhalts in den bakterienarmen Dünndarm verhindert
Der Dickdarm besteht aus Blind-, Grimm- und Mastdarm
Der Dickdarm besteht aus mehreren Abschnitten, darunter der Blinddarm, der Grimmdarm und der Mastdarm. Hier findet die Fermentation von Ballaststoffen statt, wobei mikrobielle Bakterien die unverdauliche Nahrung abbauen und flüchtige Fettsäuren produzieren, die als Energiequelle dienen.
Fakten: Der Dickdarm ist mit 6 - 9 Metern Länge deutlich kürzer als der Dünndarm, ist allerdings mit 130 Litern Fassungsvermögen deutlich größer. Das Futter verbringt in etwa 30 Stunden in den einzelnen Dickdarmabschnitten.
Zu den Hauptaufgaben des Dickdarms zählen die mikrobielle Fermentation der Nahrung, die Aufnahme fettlöslicher Vitamine, die Produktion der Vitamine B und K sowieso von Fett- und Aminosäuren. Der Dickdarm besteht aus drei Teilen, die jeweils unterschiedliche Aufgaben übernehmen:
- Der Blinddarm leistet die Vorarbeit als Gärkammer. Hier und im anschließenden Grimmdarm findet der mikrobielle Abbau von Strukturkohlenhydraten statt.
- Im Grimmdarm wird das Innere der bis dahin unterverdauten Pflanzenzellen freigesetzt. Mineralien, Spurenelemente, Vitamine, Eiweiße, Aminosäuren, Fettsäuren, Zucker und fettlösliche Vitamine werden hauptsächlich dem Organismus zur Verfügung gestellt.
- Im Mastdarm (Rektum) wird dem Futterbrei das Wasser entzogen und alles, was nicht verdaut wurde, wird zu den typischen Kotballen geformt und ausgeschieden.
Funktionen des Verdauungsapparats - eine Zusammenfassung
- Zerkleinerung und Aufnahme von Nahrung
- Verdauung und Zersetzung von Nahrungsmitteln
- Absorption von Nährstoffen im Dünndarm
- Fermentation von Ballaststoffen im Dickdarm
- Ausscheidung von unverdaulichen Resten
Fazit - Fehler in der Fütterung haben immensen Einfluss auf die Gesundheit deines Pferdes
Der Verdauungsapparat von Pferden ist eine hochspezialisierte Struktur, die es ihnen ermöglicht, eine pflanzliche Ernährung effizient zu verdauen und Nährstoffe aufzunehmen. Der Verdauungsapparat des Pferdes ist darauf ausgelegt kontinuierlich rohfaserreiche Nahrung aufzunehmen. Lange Fresspausen und große Mengen Kraftfutter auf einmal können das empfindliche Gleichgewicht im Magen-Darm-Trakt verschieben und negative Auswirkungen auf die Gesundheit deines Pferdes haben.
Zusammenfassend solltest du einige Hinweise zur Fütterung und Haltung beachten:
- Fütterung von hochwertigem Heu in ausreichender Menge (mind. 1,5 kg pro 100 kg Körpergewicht)
- Lange Fresspause vermeiden
- Raufutter vor dem Koppelgang und vor dem Kraftfutter füttern
- Kraftfutter in kleinen Mengen über den Tag verteilt füttern
- Stress (im Training und in der Haltung) vermeiden
- ausgiebige Sozialkontakte ermöglichen